Exkursion Windkraft Oberösterreich 10.11.2023

Auf Initiative der Interkomm Waldviertel Gemeinden fand eine Exkursion von Entscheidungsträgern und Multiplikatoren nach Munderfing im Bezirk Braunau und nach Sandl statt. Ziel war es, anhand von Erfahrungswerten zu versachlichen.

Energiefakten im Waldviertel (Quelle: Energiemonitoring Sonnenplatz Großschönau)

Im Waldviertel verbrauchen wir derzeit 7,3 Terawattstunden (TWh) an Energie. Das sind 7.300.000.000 Kilowattstunden an Energie. Je nachdem ob wir die beiden Donaukraftwerke dem Waldviertel zurechnen oder nicht, erzeugen wir derzeit aus eigener Kraft zwischen 37% und 54% unseres Verbrauchs. Würden wir die jährlich im Waldviertel verbrauchte Fossilenergie in Tankwagen Öl aneinanderreihen (30.000 Liter je Tankwagen mit 20m Länge), würden wir die Straße von Gmünd bis Salzburg dafür vollparken.

Derzeit erzeugen wir etwa je 0,05 TWh aus Kleinwasserkraft, aus Biogas und mit der Stauseenkette. Photovoltaik und Windkraft liefern uns jeweils 0,1 TWh und aus unseren Wäldern dürfen wir 2,1 TWh jährlich ernten. Der Rest unserer Versorgung besteht fast ausschließlich aus Öl und Gas. Atomstrom kommt nur dann zu uns, wenn wir z.B. aus Norwegen zukaufen müssen. Physikalisch geht das nicht anders, da Strom immer den kürzesten Weg im Netz nimmt.

Ein Waldviertler Plädoyer für die Energiewende
Martin Bruckner, Obmann der Interkomm Waldviertel Gemeinden und selbst Bürgermeister von Großschönau, erklärt: Die kritische Haltung in Teilen der Bevölkerung, ganz oft von außen hereingetragen, ist mir bekannt und bewusst. Umso wichtiger ist mir die Bewusstseinsbildung. „Die Waldviertler Bevölkerung zahlt pro Jahr, je nach Energiepreisen, zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro für Energieimporte. Mit diesen unglaublichen Summen fördern wir fragwürdige Diktatoren. Unser hart verdientes Geld, je nach Energiepreis zwischen 2.000 und 4.000 Euro von jedem Waldviertler Kind bis zum Greis, finanziert Städte wie Dubai und schlimmer noch, Waffen und furchtbare Kriege. Und wir treiben den Klimawandel an, was neuerlich Kosten auslöst. Es wird Zeit, unser Geld in der eigenen Region zu halten. Langfristig werden wir nur stabile Energiepreise haben, wenn ausreichend erneuerbare Produktion in der Heimat geben ist. Und jede Gemeinde, die mitmacht, soll davon für ihre Bürger profitieren.

Es ist höchst an der Zeit, in jene Versorgungsanlagen zu investieren, die in der Zukunft gebraucht und wichtige wirtschaftliche Vorteile für die Region bringen werden. Die Windkraft stellt dabei eine zentrale Position dar, weiß Energieexperte DI Alexander Simader und meint weiter: „Heute kann sich weder das Waldviertel noch der Rest von Österreich selbst versorgen. In Wahrheit reicht unsere bestehende Struktur nicht aus. Bei Strom sind wir derzeit eben auch von der Atomkraft abhängig. Will man das reduzieren, dann muss man auch Anlagen bauen!“

Klimaschutzprojekt Windpark Munderfing als Beispiel für gelungenen Erholungsraum
Daher lud Interkomm Waldviertel Obmann Martin Bruckner am Freitag, 10. November die Entscheidungsträger zu einem gemeinsamen Ausflug in eine Vorzeigeregion ein. So konnten sich die Bürgermeister und Gemeindevertreter im oberösterreichischen Munderfing selbst von der naturverträglichen Umsetzung eines Windparks im Wald überzeugen.

Der dortige Windpark mit 6 Anlagen wurde 2014 in Betrieb genommen. Die geringsten Abstände zum Wohnbauland liegen in Munderfing ebenfalls bei 1.500 m und die Anlagen stehen im Wald auf einer Anhöhe. Dies ist eine Situation, wie sie im Waldviertel für neue Windkraftprojekte typisch wäre.

Martin Voggenberger, Bürgermeister von Munderfing, erklärt: „Munderfing hat bei ca. 3.000 Einwohner eine Fläche 30 Quadratkilometer. Im Gemeinderat wurde bereits 2011 einstimmig ein Windpark beschlossen, mit dem Ziel fossile Stromerzeugung zu verdrängen und atomaren Atomstrom zu reduzieren.

Der Windpark wurde im Wald errichtet und 2014 in Betrieb genommen. Die Windräder sind über 1,5 Kilometer vom Wohngebiet entfernt, sodass Beeinträchtigungen wie Lärm oder Schattenwurf ausgeschlossen sind. Es brauchte kaum neue Forststraßen, da die bereits vorhandenen genutzt werden konnten. Nur 400 Festmeter Holz mussten für alle sechs Anlagen geschlägert werden. Ruhestörung des Wildes traf zwar während der Bauzeit zu, ist aber heute kein Thema mehr bei der Jägerschaft.

Voggenberger berichtet: Kritische Stimmen kamen vorwiegend von honorigen älteren Persönlichkeiten aus benachbarten Städten oder sogar aus Steyer, aber kaum von den Ortsansässigen. Sachliche Angaben, warum sie gegen den Windpark seien, konnten die Kritiker aber nicht machen. Daher fanden sie in der Gemeinde kaum Gehör. Die Gemeinde hat im Windpark einen Generationenwald angelegt, wo jedes Jahr bei einem Fest für die Neugeborenen der „Baum des Jahres“ gepflanzt wird. Auf den Forststraßen und -wegen sieht man immer Ausflügler, Spaziergänger und Familien, die den Wald genießen, freut sich Voggenberger.

Abschließend erklärt Voggenberger: Der Windpark verursachte im Zuge der Projektentwicklung manche Skepsis und auch Sorge. Heute kann ich lachen. Die Sorgen sind vergessen und man denkt gemeinsam mit der Bevölkerung und den Nachbargemeinden an einen Ausbau im Kobernaußerwald.

Lokale Entscheidungsträger sind positiv überrascht
Karlsteins Bürgermeister Siegfried Walch, selbst im Bereich Biogas tätig, konnte sich ein positives Bild machen: „Es ist auch für mich persönlich wichtig, mich vor Ort mit der Thematik auseinanderzusetzen. Ich würde mir wünschen, dass viele unserer Bürger und auch Nachbarn, einen solchen Besuch mit mir gemeinsam wiederholen.“

Ähnlich sieht die Situation Bürgermeister Josef Ramharter aus Waidhofen: „Was mich am meisten überrascht, ist eigentlich, dass man im Wald selbst die Windräder noch weniger
wahrnimmt. Der Wald und die Umgebung sind so eng, dass man erst kurz vor der Lichtung das Windrad bemerkt.“

So zeigt sich bei den 10 Jahre alten Windrädern in Munderfing, dass die Lichtung selbst ein attraktiver Lebensraum inmitten des Waldes ist, der sonnendurchflutet verschiedensten Pflanzen Raum gibt.

Gemeinde Sandl bei Freistadt plant Windpark im Wald
Bürgermeister Gerhard Neunteufel berichtet, dass im Forstgut Rosenhof ein Windpark mit 10 Anlagen geplant ist. Derzeit laufen Untersuchungen, auch von Birdlife Österreich. Die Windräder sind im Wald auf einem Bergrücken entlang zur tschechischen Grenze vorgesehen und zirka 1,5 Kilometer Luftlinie vom Siedlungsgebiet entfernt. „Der Gemeinderat hat einstimmig dafür votiert. Damit wollen wir einen Beitrag zur
Energiewende leisten und die Abhängigkeit von fossilen Energieressourcen einschränken. Wir rechnen damit, dass frühestens 2030 eine Inbetriebnahme erfolgen kann“, schließt Neunteufel ab.

Erst Zonierung, dann Flächenwidmung
Derzeit ist in Niederösterreich die Landessregierung am Zug. Mit der Novellierung des Sektoralen Raumordnungsprogramms für Windkraftnutzung entscheidet die Landesregierung über mögliche Windkraftzonen. Nur in diesen ausgewiesenen Zonen kann danach eine Standortgemeinde die Flächenwidmung für Grünland-Windkraftanlagen beginnen. Einige Waldviertler Gemeinden haben sich bereits festgelegt eine solche Flächenwidmung auf Basis einer Volksbefragung durchzuführen. Diese werden aus derzeitiger Sicht Mitte 2024 stattfinden.

 

Nov 14, 2023

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